Digitaler BOS-Funk
Seit etwa 2010 verbreitet sich das neue Funknetz für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Ab 2012 keimten auch in Bayern die ersten Bereiche auf, in denen das neue System verwendet wird. Seit Mitte 2014 ist auch unser Leitstellenbereich Augsburg erschlossen.
Frequenzbereich und Betriebsarten
Im Gegensatz zum analogen BOS-Funk, der in der Hauptsache auf zwei verhältnismäßig weit auseinanderliegenden Frequenzbereichen abgewickelt wird, arbeitet der digitale Funk auf Frequenzen um 400 MHz:
- Netzbetrieb 380 – 395 MHz
Schaltet man das Funkgerät in den Netzbetrieb (engl. TMO – „trunked mode operation“), erfolgt die Abwicklung des Funkverkehrs über das Funknetz, so daß grundsätzlich eine bundesweite Erreichbarkeit vorliegt. Die Verwaltung der Frequenzen übernimmt komplett die Netzinfrastruktur, der Anwender braucht sich nicht mehr darum kümmern, rechtzeitig den Funkkanal umzustellen. - Direktbetrieb 406 – 410 MHz
Im Direktbetrieb (engl. DMO – „direct mode operation“) bauen die Funkgeräte eine direkte Verbindung zueinander auf, ohne die Netzinfrastruktur zu nutzen. Diese Betriebsart wird bei den Feuerwehren i.d.R. für den Einsatzstellenfunk verwendet werden.
Funknetz
Grundsätzlich gilt hier: ein bundesweites Funknetz für alle Organisationen.
Das Funknetz setzt sich aus einer Vielzahl von sog. Basisstationen zusammen, die bundesweit verteilt sind. Sie sorgen – je nach dem im jeweiligen Bundesland gewünschten Versorgungsgrad – für die flächendeckende Funkversorgung. Bayern baut ein engmaschigeres Netz mit einer höheren Übertragungskapazität als viele andere Bundesländer auf. Hintergrund ist u.a. auch, daß darüber in Zukunft alarmiert werden soll, wofür eine sehr gute Versorgung notwendig ist. So ist festzustellen, daß bei uns verbreitet auch in Häusern sehr guter Funkempfang mit Handfunkgeräten besteht.
Möchte man mit einer anderen Organisation Kontakt aufnehmen, muß am eigenen Funkgerät die Benutzergruppe umgestellt werden. Im digitalen BOS-Funk bestimmt die Einstellung der Benutzergruppe, wer im Versorgungsbereich des bundesweiten Funknetzes miteinander sprechen kann. Der eigene Standort ist grundsätzlich unwesentlich, jedoch werden aus leicht nachvollziehbaren Gründen nur eine geringe Anzahl von Benutzergruppen tatsächlich bundesweit erreichbar sein.
Legenden rund um das Thema
Besonders in Presseveröffentlichungen findet man immer wieder zwar bereits lange widerlegte aber nicht totzubekommende Legenden über das neue Digitalfunknetz. Wir seien das letzte Land in Europa, in dem noch analog gefunkt würde, auch werden bestimmte Leistungsmerkmale als vollkommene Neuheit dargestellt. Es schwingt immer ein Unterton mit, „alles analoge ist veraltet und schlecht, digital wird jetzt alles besser“. Das kann man so pauschal aber nicht darstellen. Viele, die über die Unzulänglichkeiten des bisherigen analogen BOS-Sprechfunks schimpfen, hätten es in der Vergangenheit selbst in der Hand gehabt, für Verbesserung, z.B. durch rechtzeitige Ersatzbeschaffungen ihrer alten Technik, zu sorgen.
Einige dieser Legenden griffen wir in diesem Artikel von 2009 auf und stellten die Hintergründe ausführlich dar.
Einführung des digitalen BOS-Funks im ILS-Bereich Augsburg
Einige Artikel zu den im erweiterten Probebetrieb durchgeführten Erprobungen finden Sie unter dem Stichwort „DF-Erprobung„.
Bilder von Erprobungen in unserer Umgebung, Juli – August 2014
Analoger BOS-Funk
Alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben verwenden seit Ende der 60er Jahre ein einheitliches Funksystem, das auch die unkomplizierte Zusammenarbeit aller Beteiligten ermöglicht. Der Sprechfunk hielt in unserer Feuerwehr Ende der der 70er Jahre Einzug.
Frequenzbereich und Betriebsarten
Die Funkgeräte können grundsätzlich sowohl in einem bestehenden Funknetz (Gegenverkehr) als auch außerhalb des Funknetzes (Wechselverkehr) arbeiten. Verwendung finden im wesentlichen Funkgeräte in zwei Frequenzbereichen:
- Fahrzeug- und Leitstellenfunk 77 / 86 MHz, das 4 m-Band
Hier finden hauptsächlich in Fahrzeugen und Funkräumen fest eingebaute Funkgeräte mit verhältnismäßig großen Antennenanlagen Verwendung. Normalerweise wird im 4 m-Band mit der Beriebsart Gegenverkehr in einem bestehenden Funknetz gearbeitet. - Einsatzstellenfunk 168 / 173 MHz, das 2 m-Band
Der Einsatzstellenfunk ist definitionsgemäß dafür gedacht, „am Mann“ zu sein, deshalb werden hierfür hauptsächlich Handfunkgeräte eingesetzt. Meist arbeiten die Funkgeräte hierbei im Wechselverkehr, d.h. sie bauen direkte Verbindungen zueinander auf.
Funknetz
Grundsätzlich gilt hier: jede Organisation unterhält im eigenen Dienstgebiet ihr eigenes Funknetz.
Hauptsächlich wurden für das 4 m-Band Funknetze errichtet, es gibt aber auch welche im 2 m-Band, die aber meist von der Polizei genutzt werden. Im Gegensatz zum digitalen BOS-Funk unterhält jede Organisation, meist auf den Landkreis begrenzt, mindestens ein eigenes Funknetz. Im einfachsten Fall handelt es sich um ein relaisstellenfähiges Funkgerät, das an exponierter Stelle an einer großen Außenantenne betrieben wird. Bessere Funknetze sind als sog. „Gleichwellennetz“ aufgebaut, das mit mehreren verbundenen Funkstellen eine bessere und störungsfreiere Versorgung sicherstellt.
Möchte man mit einer anderen Organisation Kontakt aufnehmen, muß am eigenen Funkgerät die Kanaleinstellung verändert werden. Die Einstellung des Funkkanals bestimmt, wer miteinander sprechen kann. Zusätzlich muß man sich natürlich im Versorgungsbereich des gewünschten Funkverkehrskreises aufhalten.
Funkalarmierung
Die Auslösung von Sirenen und Funkmeldeempfängern erfolgt über den Sprechfunkkanal des landkreisweiten 4 m-Funknetzes der Feuerwehren. Dabei werden Tonfolgen bestehend aus fünf Tönen gesendet, mit denen die Alarmempfänger adressiert sind. Empfangen diese eine mit der eigenen übereinstimmende Tonfolge, lösen sie Alarm aus. Auf diese Weise sind Einzel- und Sammelalarmierungen möglich.
Während die Sirenensteuerempfänger mit einer stationären Antenne ausgestattet werden können und deshalb normalerweise keine Empfangsprobleme haben, kann eine sichere Auslösung bei den persönlichen Funkmeldempfängern der Feuerwehrleute alleine durch die meist weit entfernte Funkstelle des Landkreises nicht erreicht werden. Aus diesem Grund gibt es sog. Alarmumsetzer, die meist in den Feuerwehrhäusern von Städten stationiert sind, die eine nennenswerte Anzahl von Funkmeldeempfängern betreiben. Ein solcher Alarmumsetzer hört ständig im Landkreiskanal mit, ob eine für ihn bestimmte Alarmierung ausgesendet wird. Empfängt er eine für ihn bestimmte Tonfolge, wartet er deren Ende ab und sendet diese selbst noch einmal aus. Weil in diesem Fall der Sender im eigenen Ortsgebiet und nicht zig Kilometer entfernt steht, ergibt sich eine höhere Signalstärke in der Umgebung, welche die Auslösesicherheit der Funkmeldeempfänger im Umkreis deutlich erhöht.
Oft problematisch: Überreichweiten
Unangenehm bemerkbar machen sich seit jeher Überreichweiten aus anderen entfernten Sprechfunkverkehrskreisen, die auf dem gleichen Kanal arbeiten. Einmal können entfernte Funkteilnehmer durch ihren hohen Standort große Reichweiten erzielen und unabsichtlich in ein anderes Funknetz auf gleichem Kanal einsprechen, als wären sie in dessen regulärem Versorgungsbereich. Zum zweiten kann man je nach Wetterlage Funkgespräche in entfernten Funkverkehrskreisen, speziell in höherliegenden Gegenden, hören.
Das Problem ist hier hauptsächlich die Rauschsperre an den Funkgeräten, die zum Unterdrücken des statischen Empfängerrauschens dient. Sie verwendet als ausschließliches Kriterium die Signalstärke. Kommt ein Signal stark genug an den Empfänger, deutet die Rauschsperre es als gewünschtes Nutzsignal und es wird auf dem Lautsprecher ausgegeben. Daß dieses Signal evtl. aus einem ganz anderen Funkverkehrskreis stammt oder es sich nur um starkes atmosphärisches Rauschen handelt, kann die Rauschsperre nicht erkennen.
Oft wird dieses Problem der Überreichweiten als ein Hauptgrund für die Einführung des digitalen BOS-Funks genannt. Allerdings ist es so, daß es spätestens seit etwa Mitte der 90er Jahre verbreitet andere Verfahren als die signalstärkebewertende Rauschsperre gibt, um zwischen Nutzsignal und unerwünschter Überreichweite zu unterscheiden. Eine Möglichkeit wäre gewesen, die Technischen Richtlinien zu überarbeiten und die Funkgeräte entsprechend nachzurüsten. Weil aber seit etwa der gleichen Zeit die baldige Einführung des Digitalfunks als Lösung aller Probleme versprochen wurde, kam es nicht mehr zu Weiterentwicklungen beim analogen Funk. Schade eigentlich, denn der analoge BOS-Funk bot weitaus mehr Leistungsvermögen, als bei den Organisationen tatsächlich genutzt wurde. Man hätte nur beizeiten die technischen Voraussetzungen schaffen müssen, was politisch aber nicht mehr gewollt war.