Dekon-StelleDer Begriff „Dorffeuerwehr“ ist ein Reizwort, weil es meist etwas herablassend benutzt wird: „Was braucht oosr Dorffeuerwehr soo a grooaß Auudo?„, „Laß die Dorffeuerwehr wurschtla, mir bauat getrennt auf“ oder „Was erwartsch von ra Dorffeuerwehr?„.
Das ist die zentrale Frage oder nicht? Was kann man von einer Dorffeuerwehr erwarten, was muß sie können? Bis vor zehn Jahren definierte sich das Können einer kleineren Feuerwehr meist über die Leistungsprüfung Löscheinsatz. Aber mit „vier Saugschleich“ ist es schon lange nicht mehr getan. Brände sind schon lange nicht mehr das Hauptgeschäft. Will man die Frage also beantworten, muß man die Aufgabenstellung betrachten, die im Einsatz auf die Feuerwehr zukommen kann. Diese bemißt sich nach den in der Umgebung vorhandenen Gefahren, und da gibt es oft mehr als man denkt.

An stetigen Gefahren im eigenen Ort haben sich in den letzten Jahren einige schwere Verkehrsunfälle im Gedächtnis eingebrannt. Das früher eher stiefmütterlich behandelte Thema („wir haben doch keine großen Straßen…“) wurde daraufhin in größerem Umfang ins Ausbildungsprogramm genommen, um mit unseren Mitteln bestmögliche Vorarbeit leisten zu können. Es ist nämlich bei weitem nicht so, daß eine Dorffeuerwehr in einem solchen Fall nichts machen kann.

Mit Schule und Kindergarten im Ortsgebiet ergibt sich als weiteres Betätigungsfeld im Rahmen der Vorbeugung die Brandschutzerziehung bzw. die Sensibilisierung der Lehrer und Erzieher auf die örtlichen Gegebenheiten.

Bei einer Großübung in einem ortsansässigen Industriebetrieb war auch ein Gefahrgutaustritt Übungsinhalt. Der betreffende Stoff wurde nicht extra für die Übung herausgesucht, er lagert tatsächlich dort. Die Bemerkung des Zugführers des Heidenheimer Gefahrgutzuges „Wenn der Stoff tatsächlich ausgetreten wäre, könnten wir Bächingen in Windrichtung neu ansiedeln“ gibt schon zu denken.
Da wir gerade beim Gefahrgut sind, wie kommen denn die gefährlichen Stoffe eigentlich zu ihren Adressaten? Na über die Straße natürlich. Auch durch unser Einsatzgebiet fahren wöchentlich mehrfach Gefahrguttransporte bzw. Transporte mit gefährlichen Gütern in kleineren Mengen, die nicht einmal deklariert sein müssen. Das braucht nicht gleich ein Tanklaster sein, auch ein unscheinbarer kleiner Kastenwagen kann schon erhebliche und unerwartete Gefahren bergen. Auch auf diesem Gebiet ist es für die Dorffeuerwehr (überlebens-) notwendig, ein Grundwissen zu besitzen und mit grundlegenden Gegenmaßnahmen vertraut zu sein.

Alltägliche Baumaßnahmen bergen ebenfalls besondere Risiken. Natürlich kann man nicht alles selbst machen, aber die Möglichkeiten einer kleinen Feuerwehr sind größer als der unbedarfte Betrachter denkt. Zu einer Rettung aus Höhen und Tiefen muß nicht immer ein riesiges Aufgebot technischer Spezialgeräte anfahren. Wie mit einfachen Mitteln in solchen Fällen schnell geholfen werden kann, haben wir 2011 in einer Rettungsübung probiert. Man muß sich trauen, es zu versuchen. Man stellt seine Leute vor eine neue Situation, gibt ein Ziel vor und läßt sie denken. Aus Fehlern lernt man, schlußendlich funktioniert es und bleibt im Gedächtnis.

Mit Freizeitunfällen und häuslichen Notsituationen ist ebenfalls stets zu rechnen. Wir beschaffen jetzt zwar kein knallrotes Gummiboot, bieten aber für unsere Feuerwehrleute regelmäßig Erste Hilfe-Kurse an, die immer gut besucht sind. Auch mit Situationen die nicht so stark im Blick liegen, weil sie bisher kaum vorkamen, sollte sich die Feuerwehr gedanklich einmal befaßt haben. Besonders der Straßenverkehr bringt Gefahren auch in eher ruhige Gegenden, wie man an diesem Unfall sieht.

Nach dieser nicht abschließenden Betrachtung erkennt man, daß die Dorffeuerwehr doch mit einer Vielzahl von Situationen umgehen können muß, an die man als Außenstehender noch gar nicht gedacht hat. Denn die örtliche Feuerwehr ist normalerweise zuerst an der Einsatzstelle, sie muß die Lage richtig einschätzen und die notwendigen Schritte einleiten. Aus diesem Grund empfiehlt es sich auch, die Weiterbildung des Führungspersonals ständig voranzutreiben. Warum sollte es bei einer kleineren Feuerwehr keinen ausgebildeten Zugführer geben? Gerade bei Kommandanten sollte dieser Lehrgang viel weiter verbreitet sein.
Die Einsatzhäufigkeit gibt es in aller Regel nicht her, größere Erfahrungen in der Einsatzrealität zu sammeln. Das muß in den Übungen so gut es geht und so wirklichkeitsnah wie möglich geschehen. Brutale Kompetenz in möglichst vielen Situationen ist der Schlüssel zur Anerkennung, und vor allem hilft sie dem, der unsere Hilfe nötig hat. Und das muß das Ziel allen unseren Handelns sein.

3 Kommentare zu „Leistungsvermögen von „Dorffeuerwehren““

  • Sehr Guter Artikel zum Thema Dorffeuerwehren,auch wir sind eine kleine aber relativ gut ausgebildete Dorffeuerwehr und wissen von was ihr sprecht , leider muss man aber auch sagen dass,einige Dorffeuerwehren absolut keinen Wert auf ihre Ausbildung legen und lieber „vor sich hinwurschteln“ obwohl sie über teilweise sehr gute Technick verfügen

  • Michael:

    Vielen Dank für die Blumen! Das vor sich hinwurschdeln ist m.E. weit verbreitet, weil man das ja bisher auch immer so gemacht hat. Das ist auch in unserer Umgebung zu beobachten. Da muß man halt mal frischen Wind reinlassen, sonst verbessert sich nix und die Feuerwehr ist ihren Aufgaben nicht gewachsen. Mit einer abwechslungsreichen Ausbildung, bei der die Leute auch mal eigene Ideen ausprobieren können, steigen Motivation, Lerneffekt und Spaß in der Gruppe. So soll es sein. Viele Grüße nach Sachsen!
    P.S. Nettes Fahrzeug, so eins haben wir auch!

  • Holger:

    Sehr gut!
    Sehe ich auch so.
    Im Ernstfall fragt keiner, ob es ’ne Dorffeuerwehr ist!

    Da zählt nur, DASS es ’ne FEUERWEHR ist!
    Und von der wird dann auch die schnelle und kompetente Arbeit einer Feuerwehr erwartet!

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