Anfang der neunziger Jahre gab es sie noch überall, die Sirenen des Luft- und Zivilschutzes, die oft auch für die Feuerwehralarmierung eingesetzt wurden. Der Hauptzweck, wenn auch glücklicherweise nicht die Hauptverwendung dieser Sirenen war es, die Bürger vor feindlichen Kampfhandlungen zu warnen, damit sich diese in Schutzräume begeben oder anderweitig in Sicherheit bringen konnten. In der Zeit des Kalten Krieges wären in einem solchen Fall beide deutsche Staaten zum Kriegsgebiet geworden, was die Planungen der beiden damals weltbeherrschenden Militärbündnisse auch so vorsahen. Als die Gefahr eines Kriegsausbruchs zwischen NATO und Warschauer Pakt gebannt war, sah man viele dieser Sirenen und die sie steuernden Warnämter als überflüssig an und baute sie ab.

Allerdings tat sich dadurch eine Warnlücke auf, denn jede erfolgreiche Warnung erfolgt zwangsläufig in zwei Schritten: 1) Aufmerksamkeit erzeugen, 2) Warnhinweise durchgeben. Ohne Aufmerksamkeit nutzen Rundfunkdurchsagen gar nichts. Einzig Sirenen bieten nämlich den sog. „Aufweckeffekt“, d.h. sie erzeugen Aufmerksamkeit zu jeder beliebigen Zeit, auch dann, wenn man die Leute anders nicht erreichen kann, z.B. nachts. Weitsichtig war der Abbau der Sirenen rückblickend eher nicht gewesen. Zwar behielten einige durch benachbarte Störfallbetriebe besonders gefährdete Gebiete ihre Sirenen, aber von einer flächendeckenden Warnmöglichkeit konnte keine Rede mehr sein. Mit den Hochwassern um die Jahre 2000-2002 herum fiel den Verantwortlichen erstmals wieder verstärkt auf, daß sie nachts keine Möglichkeit hatten, Aufmerksamkeit zu erzeugen und auf die drohende Gefahr hinzuweisen. Es folgten viele Überlegungen, wie man diesen Aufweckeffekt wieder erzielen könnte. Unter anderem an UKW-Radios mit ferngesteuerter Einschaltung und der Einführung einer Rauchmelderpflicht mit externer Alarm-Fernauslösemöglichkeit wurde herumüberlegt, letztlich aber kam aus praktischen Erwägungen beides nicht.

Mittlerweile gibt es eine andere Möglichkeit, viele Leute gleichzeitig zu erreichen: die meisten sind zu Smartphone-Nutzern geworden. Diese Kleinrechner mit Wischbildschirm und u.a. Telefonfunktion werden immer mit herumgetragen, teilweise gar nicht mehr ausgeschaltet, und eignen sich damit gut für ein Warnsystem. Dies wurde erkannt und in Form von „NINA“ („Notfall Informations- und Nachrichten-App“) zur Verfügung gestellt. Die Beteiligung an diesem System steht den Behörden frei; eine Nachrichtenversorgung an einem beliebigen Aufenthaltsort in Deutschland ist damit nicht unbedingt gewährleistet. Kürzlich wurde bekanntgegeben, daß nun auch unserer Leitstellenbereich Augsburg NINA nutzt. Grundsätzlich eine nützliche Sache.

Die Meinung des Verfassers hierzu: Die Idee ist gut und eine deutliche Verbesserung zum bisherigen Zustand, kann aber das grundlegende Problem, den von außen erzwungenen Weckeffekt zu beliebiger Uhrzeit, auch nicht zuverlässig erzeugen. Telefon aus, Akku leer, kein Funknetz oder Programm nicht installiert? In diesen Fällen hat man schlechte Karten. Mittlerweile bauen Städte und Landkreise auch wieder gezielt flächendeckende Sirenennetze auf.

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