Viele Gerüchte und teilweise auch Sch…hausparolen wie z.B. der an den Haaren herbeigezogene Albanienvergleich ranken sich um das zukünfige digitale Funknetz (TETRA 25) für die BOS. Besonders oft werden Funktionalitäten als Neuheit und noch nie dagewesen hingestellt, die es schon lange gibt – auch im bisherigen analogen Funk. Erst kürzlich war wieder ein entsprechender Artikel in der Donauzeitung („O’gfunkt is'“ vom 30.09.2009). Räumen wir doch mal mit ein paar dieser Aussagen auf.

Nur noch Albanien und Deutschland funken analog
Eine Aussage, die vorne und hinten nicht stimmt. Zitat BDBOS (2009): „Vielmehr bauen neben Deutschland derzeit auch Österreich, Schweden, Norwegen und Portugal landesweite TETRA-Netze auf. Lediglich fünf europäische Staaten – Belgien, die Niederlande, Ungarn, England und Finnland – verfügen bereits jeweils über ein funktionierendes landesweites TETRA-Netz. Die Größe und Komplexität des Vorhabens „BOS-Digitalfunknetz in Deutschland“ wird deutlich, wenn man dieses mit dem bisher größten – dem englischen – TETRA-Netz vergleicht. So hat Deutschland mit 357.093 km² nicht nur etwa ein Drittel mehr Fläche als England. Während dort 220.000 Nutzerinnen und Nutzer behördenübergreifend miteinander kommunizieren können, ist das deutsche Digitalfunknetz für die gleichzeitige, BOS-übergreifende Kommunikation von 500.000 Nutzerinnen und Nutzer ausgelegt.“
Weiterhin muß man festhalten, daß es in Albanien (wie auch in vielen anderen Ländern, westliche Industrienationen inbegriffen) niemals ein vergleichbar gut ausgebautes analoges BOS-Funknetz wie in Deutschland gegeben hat, in dem die verschiedenen Dienste dank einheitlicher Technik unkompliziert miteinander in Kontakt treten konnten.

Nebengeräuschunterdrückung
Erst kürzlich ließ Innenstaatssekretär Weiß anläßlich einer Vorstellung auf dem Oktoberfest als „immensen Vorteil“ verlauten: „Man kann neben der Blasmusik stehen und wird von der Einsatzzentrale immer noch verstanden.“ Das nennt sich Geräuschkompensation oder Nebengeräuschunterdrückung und funktioniert auf analogem Wege mit zwei getrennten Mikrofonen und einem sog. „Differenzverstärker“. Eine Neuigkeit, die keine ist, denn solche Systeme gibt es schon seit mindestens Ende der 90er Jahre. Beispielsweise gab es damals für BOS-Funkgeräte von Motorola bereits geräuschkompensierte Handmikrofone zu kaufen. In aktuellen FuG 11b von Kenwood (TK-290, BOS-Zulassung 1999) ist diese Technik fest integriert, auch in den 2003 für die BOS zugelassenen FuG 11b von Motorola (GP 360) findet sie sich. Die Verständigung ist auch neben dem Krach einer Tragkraftspritze einwandfrei. Schön zu hören, daß dieses Leistungsmerkmal auch in den zukünftigen digitalen Handfunkgeräten zu finden sein wird, aber neu ist es nun wirklich nicht.

Man kann mit den digitalen Funkgeräten telefonieren
Richtig, diese Funktionalität gibt es. Allerdings wird mit einem Telefongespräch über das TETRA-Netz viel mehr Bandbreite benötigt, als für ein übliches Funkgespräch notwendig wäre. Somit wird die Anzahl der möglichen Funkverbindungen spürbar geringer. Das Telefonieren wird deshalb eher spärlich und nur für besondere Funktionsträger freigeschaltet werden. Übrigens: mittels einer Überleiteinrichtung, wie es größere Polizeieinsatzzentralen früher hatten, war das (handvermittelte) Telefonieren über das Funknetz auch schon möglich – nur belegte es halt den ganzen Einsatzkanal.

2m- und digitale HandfunkgeräteDie digitalen Funkgeräte sind kleiner als die analogen
Das stimmt dann, wenn man die neuen Digitalfunkgeräte mit ihren analogen Vor-Vorgängern der FuG 10, 10a und 13a Serien (Baujahre ab 1972) vergleicht. Die neueren FuG 11b und 13b (Baujahre ab 1994) besitzen vergleichbare Außenmaße wie die neuen digitalen Geräte. Die digitalen sind also nicht zwangsläufig immer kleiner.

Die digitalen Funkgeräte sind strahlungsärmer als die analogen
Eine seltsame Aussage, die nicht eindeutig ist. Die Sendeleistung ist bei einem analogen Gerät der Serien FuG 10, 10a, 13a und 11b nach der Technischen Richtlinie auf 1 Watt festgelegt. Die neuen digitalen Sepura STP8000, die für die Polizei beschafft werden sollen, bringen dagegen eine max. Sendeleistung von 1,8 Watt auf die Antenne. Es stimmt, daß bei guter Netzversorgung die Sendeleistung der digitalen Geräte heruntergeregelt wird (Ihr Mobiltelefon macht das übrigens auch); allerdings sendet ein analoges Gerät nur dann, wenn die Sprechtaste gedrückt wird. Das digitale Funkgerät im Netzbetrieb hingegen sendet selbständig in regelmäßigen Abständen auch dann, wenn niemand die Sprechtaste drückt (wie beim Mobiltelefon, das sendet auch wenn keiner telefoniert). Genauso verhält es bei den Relaisstationen (analog) und Basisstationen (digital). Im derzeitigen analogen Sprechfunknetz wird wirklich nur dann gesendet, wenn jemand ein Funkgespräch führt.

Das digitale Funknetz ist abhörsicher
Stimmt. Eine Eigenschaft, die besonders für Polizeien und Rettungsdienste interessant ist, die personenbezogene Daten übermitteln. Für die Feuerwehren ist das nicht ganz so lebensnotwendig. Hoffen wir, daß wir nicht vor jedem Gebrauch eine PIN eintippen müssen…

Der Träger kann über GPS geortet werden
Auch das funktioniert grundsätzlich. Aber nur dann, wenn das Gerät einen GPS-Empfänger hat und Verbindung zu den GPS-Satelliten besteht (nur unter dem freien Himmel).

Im Digitalnetz gibt es keine Funklöcher mehr
Was ist eigentlich ein Funkloch? Das ist ein Bereich, in dem keine Verbindung des eigenen Funkgerätes mit dem anderen Teilnehmer (in Funknetzen der Relais- bzw. Basisstation) zustandekommt. Die Gründe sind vielfältig. Meist liegt es an den Umgebungsbedingungen. Bebauung oder Bewuchs schirmen die Signale ab oder reflektieren sie. Um Funklöcher zu vermeiden, muß man in eng bebauten Gebieten wesentlich mehr Basisstationen aufbauen als auf dem flachen Land. Aber ganz ausschließen kann man Versorgungslücken nie. Besonders in größeren Gebäuden ist die Versorgung von außen schwierig. Diese Aussage ist also eine gefährliche Verallgemeinerung, denn es wird immer irgendwo Versorgungslücken geben. Übrigens gibt es schon lange ein System im Analogfunk, das Funklöcher weitgehend vermeidet: das Gleichwellennetz.

Die Reichweite des Digitalfunks ist größer
Eine Aussage, die auch gern kommt, ist die der größeren Reichweite. Wenn man die jetzigen analogen Funknetze betrachtet, wird man feststellen, daß diese meist landkreisbezogen aufgebaut sind. Die Feuerwehren, der Rettungsdienst und der Katastrophenschutz eines Landkreises unterhalten jeweils mindestens ein eigenes Funknetz. Die Abdeckung dieser Funknetze muß natürlich so gewählt werden daß der eigene Einsatzbereich ausreichend versorgt, aber benachbarte Landkreise nicht beeinträchtigt werden, weil eben nur eine begrenzte Anzahl Funkkanäle zur Verfügung steht. Daher gehen die versorgten Bereiche meist nur unwesentlich über die Landkreisgrenzen hinaus. Besonders in den Grenzregionen kann es daher zu einer schlechteren Versorgungsqualität kommen. In ganz Deutschland gibt es somit quasi einen Flickenteppich von eigenständigen analogen BOS-Funknetzen.
Das neue Digitalnetz dagegen wird nicht landkreisbezogen aufgebaut, sondern bundesweit. Es gibt dann ein einziges Funknetz, welches (im Idealfall) das ganze Bundesgebiet abdeckt. Somit fallen die schlecht versorgten Landkreisgrenzen weg. Und das verstehen viele unter der Aussage „die Reichweite ist größer“. Stimmt aber nicht. Nur das Funknetz und somit das versorgte Gebiet ist größer.
Physikalisch gesehen ist die Reichweite einer Funkwelle im 4m-Band (der bisherige „Fahrzeugfunk“) höher als die des 70cm-Bandes (der zukünftige Digitalfunk). Die kürzeren Funkwellen werden nämlich stärker abgelenkt und unterliegen einer höheren Streckendämpfung. Für eine hohe Versorgungsgüte werden zum Abdecken eines Gebietes mit dem 70cm-Band mehr Basisstationen nötig, als bisher im 4m-Band Relaisstellen notwendig waren. Da aber im neuen Digitalfunk nicht mehr jeder Dienst sein eigenes Funknetz betreibt, wird die absolute Anzahl der Funkmasten vermutlich etwas geringer.

Hier einige Bilder von Handfunkgeräten aus 30 Jahren BOS-Funkgeschichte:

2 Kommentare zu „Gerüchteküche zum Digitalfunk – Ein Kommentar“

  • Feuerwehr Kitzscher:

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    in unserem neuen ELW 1 ist eine Ladestation für ein FuG10a eingebaut worden, leider können wir unsere FuG 10 nicht in der Ladestation HFG-1 zum laden einstecken bzw. benutzen.
    Wir suchen dringend ein FuG 10 a funktionsbereit , deshalb möchte wir fragen ob Sie uns hier helfen können und bitten eventuell um Rückruf bei unserem Wehrleiter. 0152-xxxxxxxx, danke. MfG Hans Neumann

  • Ziemlich guter Artikel, kann dem nur so zustimmen.

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